Versöhnung über den Gräbern – Perleberg gedenkt am Tag der Befreiung der Opfer des Zweiten Weltkrieges
„,In 10 Minuten weiße Fahne am Rathaus, sonst 50 Schuss nach Perleberg‘, lautete die Forderung eines sowjetischen Offiziers gegenüber dem Perleberger Georg Müller am 2. Mai 1945. Sechs Tage später, am 8. Mai, wurde Deutschland vom Nationalsozialismus befreit.“ Mit diesen Worten eröffnet Bürgermeister Axel Schmidt am Donnerstagsvormittag die Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag des Tages der Befreiung und Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa.
Das Stadtoberhaupt kann auf dem Sowjetischen Ehrenfriedhof auf dem Grahlplatz über 130 Teilnehmer aus der Rolandstadt, benachbarten Kommunen sowie Vertreter der Veteranenvereine begrüßen. Als Vertreter des Landkreises und des Kreistages sind der Erste Beigeordnete Daniel Krause-Pongratz und Siegbert Winter, stellvertretender Vorsitzender des Kreistages, gekommen.
Hauptredner der Gedenkveranstaltung ist der Geschäftsführer des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge e.V. Oliver Breithaupt. Dieser schweigt zunächst, erinnert damit an die Stille, die am Ende des Krieges plötzlich eintrat. Stille, die da war, als die Waffen schwiegen und Granaten nicht mehr explodierten. „Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden“, so das Motto der inzwischen über 100-jährigen Tätigkeit des Volksbundes. Oliver Breithaupt erinnert daran, dass erst in der vergangenen Woche in Halbe 107 deutsche Soldaten zur letzten Ruhe gebettet wurden, 80 Jahre nach Ende des Krieges.
Die Mitglieder des Vereins bergen bis heute deutsche und sowjetische Kriegstote. „Die Toten, die wir bergen, haben zunächst keine Nationalität, es sind alles Menschen!“. Vor dem Obelisken auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof mahnt er die Anwesenden: „Die Lebenden sollten auf die Toten hören. Aus ihren Schicksalen sollten wir etwas lernen: Das Leben zu lieben und das Leben zu leben!“
Oliver Breithaupt gehört zur Generation, die die „Gnade der späten Geburt“, wie Altkanzler Helmut Kohl es nannte, hatte. Er, wie fast alle Anwesenden, kennen den Krieg nur aus Erzählungen, aus Büchern und aus Zeitzeugenberichten. Doch auch wenn die sichtbaren Spuren verblasst seien, ist er bis heute in den Menschen noch zu spüren. Diese Erfahrungen habe er immer wieder bei den Begegnungen mit den Menschen in Russland, Belarus, der Ukraine, Moldau, Usbekistan und anderen Ländern gemacht. „Der Krieg hat einen langen Atem. Bis heute.“
„Am 8. Mai begann ein Kapitel des Krieges, das Menschen 100.000-fach mit dem Leben bezahlt haben“, so Oliver Breithaupt. „Alles Leid muss eine Mahnung zum Frieden sein, es muss dazu führen, dass sich die Menschen ihrer ursächlichen Eigenschaften erinnern.“ Und so mahnt er und ruft dazu auf, das zukünftige Miteinander mit Verzeihen, Vergeben und Hoffnung auf Frieden zwischen den Menschen und den Völkern zu gestalten.
Während die Politik sich nicht mehr von diesen christlichen Werten leiten lasse, ist der sowjetische Friedhof einmal mehr Ort des Trauerns und Ort des Erinnerns. Gemeinsam werde hier an diesem Tag der Opfer aber auch der Familien gedacht, deren Angehörige ihr Leben ließen und die Gesundheit verloren.
Dann erklingt der Trauermarsch, gespielt vom Blechbläserensemble des Gottfried-Arnold-Gymnasiums, das einmal mehr die musikalische Gestaltung der Gedenkveranstaltung übernommen hat. Es beginnt die Kranzniederlegung. Am Obelisk legen zunächst Bürgermeister Axel Schmidt und der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Rainer Pickert den Kranz der Stadt Perleberg nieder. Es folgen die Vertreter des Landkreises, der Veteranenvereine und viele Bürger. Anschließend bittet Axel Schmidt um eine Gedenkminute für die Opfer des Zweiten Weltkrieges.
Nach dem offiziellen Teil kommen Bürger, Politiker und Veteranenverbände miteinander ins Gespräch. Bürgermeister Axel Schmidt kann dabei mehrfach den Dank für eine gelungene Gedenkveranstaltung entgegennehmen. Diesen gibt er gern an die Organisatoren Anja Pöpplau und Torsten Foelsch vom Stadt- und Regionalmuseum sowie an den Gastredner Oliver Breithaupt weiter.
Bild zur Meldung: Foto: Rolandstadt Perleberg/Renè Hill | Bürgermeister Axel Schmidt (rechts) und der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Rainer Pickert bei der Kranzniederlegung.
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